Auroville-Erfahrung
Auroville muss man selbst erleben
Generell hat mir am Zivildienst in Auroville sehr gefallen, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat Dinge auszuprobieren, die ich sonst wohl nie in meinem Leben ausprobiert hätte bzw. zu denen ich normalerweise nicht die Chance des Ausprobierens bekommen hätte. „Zivildienst“ in Auroville hat mir viele Möglichkeiten gegeben, und ich habe versucht, die immense Vielfalt und fast unüberschaubare Zahl an Arbeitsmöglichkeiten, die Auroville zweifelsohne bietet, in meinen elf Monaten Zivildienst zum Besten für mich zu nutzen. Die Feststellung, dass meine Zeit in Auroville wohl die bisher prägendste und umfangreichste Erfahrung meines Lebens war, mag für den Betrachter von außen wenig überraschend sein und doch soll diese Tatsache an dieser Stelle erwähnt werden. Immer wenn mich jemand darum bat, von Auroville zu erzählen, habe ich es versucht und immer wieder festgestellt, dass es im Grunde unmöglich ist, von Auroville umfassend zu erzählen. Daraus lässt sich nur schlussfolgern, dass man Auroville selbst erleben muss, weil man es sich sonst einfach nicht vorstellen kann. Diese Aussage gilt sowohl im Positiven als auch im Negativen. Ich habe vor allem auch in Auroville geborene Kinder der ersten Generation, die heute also zwischen Mitte Zwanzig und Mitte Dreißig sind, immer wieder gefragt, was sie zu Auroville und dem Lauf der Dinge hier sagen. Und oft bekam ich die Antwort, dass Auroville in jedem Fall – egal wie viel schief läuft, falsch läuft und wie weit Auroville von seinen Idealen und Zielen entfernt ist – ein Versuch wert war und ist. Dieser Aussage kann ich mich heute anschließen. Und egal wie lange es noch dauert, bis eine Wandlung des menschlichen Bewusstseins langsam eintritt und das Ideal der Einheit der Menschheit näher rückt, wie viele Umwege Aurovilles Geschichte noch geht oder ob es womöglich eines Tages grandios scheitert – es ist doch ein Ort, an dem es sich lohnt einmal für länger gewesen zu sein, offen zu sein und sich inspirieren zu lassen bzw. für manche eben auch der Ort, an dem sie leben und sein wollen, weil er anders (d.h. nicht unbedingt „besser“) ist als die meisten Orte in der westlichen Lebens- und Arbeitswelt. Dadurch zieht Auroville mit seiner Ausstrahlungskraft in den Rest der Welt eine überdurchschnittlich große Zahl an besonderen, interessanten, anders denkenden Menschen an. Ich habe nie in meinem Leben zuvor so viele spannende und lehrreiche Begegnungen mit den interessantesten Menschen innerhalb so verhältnismäßig kurzer Zeit gehabt. Und genau dafür bin ich dankbar, ganz egal wie kritisch ich Auroville in anderen Hinsichten sehe. Gerade weil Auroville eine unheimlich große Anzahl verschiedener Kulturen, Sprachen und ungewöhnlicher Lebensgeschichten versucht an einem Ort zu vereinen, ist es so vielseitig und vielschichtig.
Johannes Hoffenreich
Auroville bleibt ein Experiment
Das einzige Problem in meinem Dienst war der Monsun und die damit verbundenen Krankheiten. So bekam ich als erstes Chikungunya, was beileibe nicht leicht und angenehm ist. Weil ich nicht völlig danach genesen war und zur damaligen Zeit im Mitra Youth Hostel wohnte, bekam ich danach das Madras Eye und eine Erkältung im Zusammenhang mit damals zunehmend kalten Nächten. So war ich insgesamt über ein Monat nicht bei bester Gesundheit. Alle anderen Probleme zwischenmenschlicher und organisatorischer Art, beruhten hauptsächlich auf Kommunikationsproblemen und wurden auch gelöst. In das soziale Leben war ich nur mäßig integriert. Dies hab ich aber meiner eigenen Schuld zuzuschreiben, denn Möglichkeiten gibt es genug, um mit Aurovilianern, besser gesagt mit der Jugend in Auroville, in Kontakt zukommen. Hervorzuheben ist dabei natürlich das Youth Centre. Trotzdem war man durch einzelne „Zivis“, welche einen besseren Bezug zu den Aurovilianer hatten, immer mit dabei. Mein Erleben mit Auroville als Gesamtprojekt war geprägt von Hochs und Tiefs. Es gab Zeiten, wo man den Ort nicht ausstehen konnte und Zeiten wo man sich als auserwählt fühlte, hier seinen Dienst machen zu können. Aber in der zweiten Hälfte meines Aufenthalts stellte sich ein allgemeines Wohlbefinden ein. Man gewöhnte sich an die Stadt und war einfach glücklich hier sein zu können. Definitiv ist Auroville ein besonderer Ort. Bleibt aber für mich immer noch ein Experiment, wie es auch eigentlich gemeint ist, und ob es klappt oder nicht, ist ungewiss. Ich werde auf jeden Fall wieder nach Auroville kommen um die Entwicklung zu verfolgen und einfach hier wieder einige Zeit zu verbringen. Ansonsten kann ich dem „Zivi“-Einsatz als ganzen nichts Negatives anmerken und die Frage, ob ich mich nochmals für diesen Dienst entscheiden würde, kann ich bis zum heutigen Tag eindeutig mit einem Ja antworten.
Eugen Brehm
Ein absolut unvergessliches Jahr
Als ich hier angekommen bin, gab es schon ein paar „Zivis“, die hier gearbeitet und sich ausgekannt haben, wo, wie und was so in Auroville läuft. Die haben mir geholfen hier zu landen, mich zurecht zu finden, mich nach kurzer Zeit zuhause zu fühlen. Heute bin ich einer von denen. Einer von denen, der nun der nächsten Generation von voll motivierten, abenteuerlustigen „Zivis“ das Beste für ihr Jahr in Auroville mit auf den Weg gibt. Ich hoffe, dass all jene, die hier sind und noch kommen werden, verstehen und realisieren, was es heißt, den Anderen Dienst im Ausland hier in Auroville leisten zu dürfen und was für Möglichkeiten sich dahinter verbergen. Ich kann nur sagen, ich hab das Beste gegeben und den Zivildienst hier so gut wie es geht genutzt, um es zu einem absolut unvergesslichen Jahr zu machen. Immer wieder trifft man Leute denen Auroville völlig fremd ist und die keinen blassen Schimmer von unserer Internationalen Stadt haben. Denen dann so schnell und präzise wie möglich zu beschreiben, was hier generell so passiert, ist für mich immer unmöglich. Erstrecht wenn es um unseren Zivildienst hier geht. Es sind elf Monate, elf Monate soziale Arbeit, die man hier ableisten muss, ableisten darf – meiner Meinung nach. Mann darf eintauchen in eine andere Welt voll neuer Inspiration, zukunftsweisenden Ideen, viel Kreativität, viel Freiraum, in eine Welt, um sich selbst im Rahmen des Projekts „ADiA“ auszuprobieren, um sich manchmal vielleicht auch selbst zu finden. Sachen, Ideen, die man nie ausprobiert hat, einfach mal anzupacken und endlich mal durchzuziehen. So wie es auch viele Aurovilianer gemacht haben. Sich von allen westlichen Idealen gelöst haben und nun ihrem Herz und nicht den angesagten Trends folgen. „Ich will ich sein und das machen, was mein Herz mir sagt.“, das kriegt man hier mit bestem Beispiel vorgelebt! Und das unterstützt und motiviert einen, nur auf sich zu hören, seinem Herzen zu folgen, sich selbst zu lieben, so wie man ist. Ich habe es für mich geschafft, mich als Individuum, als Max mit seiner Energie, die er hat, für Auroville so gut es geht hier einzubringen. Die Leute kommen auf mich zu und fragen mich, wann denn meine Newcomerzeit vorüber sei und können es nicht glauben, mich gehen zu sehen. Das ist für mich das Zeichen von absoluter Akzeptanz meines Ichs hier. Und dieses Gefühl von Akzeptanz zu schaffen, mit dem, was ich am liebsten mache, macht mich stolz. Macht mich stolz, einer der „Zivis“ in Auroville gewesen zu sein und hier mit meinem Einfluss den „goldenen Ball“ (gemeint ist das Matrimandir – Anm. der Redaktion) am Rollen zu halten! Ich wünsche Auroville und dem Projekt des „ADiA“ an einem so wunderschönen Fleck der Erde eine fruchtbare und sonnige Zukunft.
Maximilian Lange
In das Leben in Auroville bin ich voll integriert
Ich treffe mich regelmäßig mit meinen tamilischen Freunden, von denen ich die meisten im Naturecamp kennengelernt habe – das ich allen künftigen Zivis nur empfehlen kann –, und mit westlichen Freunden und habe meiner Meinung nach so gut wie nie Schwierigkeiten, mit diesen Gruppen zu interagieren. Besonders gut gefällt mir vor allem, dass die Menschen hier ganz offensichtlich noch Zeit und Lust haben, neue Ideen umzusetzen, zu erforschen oder sich einfach nur lange mit jemand spontan Getroffenem zu unterhalten. Die Uhr spielt noch eine wesentlich kleinere Rolle als in den westlichen Industrieländern und das fällt sehr positiv auf. Ich würde mich wieder für den Zivildienst in Auroville entscheiden. Die wunderschöne Erfahrung in einem anderen Land zu sein und so viele neue Erfahrungen in kultureller, sozialer und arbeitstechnischer Hinsicht zu machen wird sich im „normalen“ Zivildienst nicht bieten. Ich habe es bisher nicht eine Sekunde bereut, dass ich das viele Geld, dass ich sonst in Deutschland verdient hätte, hier ausgegeben habe.
Alexander Reinhard
Immer wieder neue Herausforderungen
Bei meinen Tätigkeiten gefiel mir das selbstständige Arbeiten, die Herausforderung, Verantwortung zu übernehmen, sowie Auroville und Indien durch die verschiedenen Arbeiten näher und intensiver kennenzulernen. Durch die Arbeit lernte ich viele interessante Menschen kennen, und gerade das Arbeiten mit Dörflern bereitet mir große Freude. So bekam ich auch Einblicke in die tamilische Kultur, was mir sonst nie möglich gewesen wäre. Jede Arbeitsstelle war immer wieder eine neue Herausforderung, bei der ich viele Erfahrungen sammeln konnte. Bei den verschiedenen Arbeiten war jedes Mal Eigeninitiative aber auch Teamwork gefragt. Ich fand es sehr spannend, mich in verschiedenen Bereichen auszuprobieren zu dürfen und habe dadurch viel Neues dazugelernt. Der Zivildienst in Auroville hat mir diese Möglichkeit gegeben und ich habe versucht die immense Vielfalt und die fast unüberschaubare Zahl an Arbeitsmöglichkeiten, die Auroville zweifelsohne bietet, in meinen elf Monaten Zivildienst zum Besten für mich zu nutzen. Meine Arbeit in Thamarai, einer Abendschule in Edayanchavadi, wo ich mit Volunteers aus dem Dorf zusammenarbeite, sehe ich als große Chance, das teils angespannte Verhältnis zwischen Aurovilianern und den Dörflern zu verbessern. Mir lag die Arbeit am Herzen und meiner Meinung nach sollte es mehr solcher Projekte geben. Ich würde jederzeit wieder nach Indien und Auroville kommen, um meinen Zivildienst zu leisten, ich sehe die Zeit hier als eine große Chance und Bereicherung für mich persönlich.
Christian Stecklum
Ein paar Worte über Auroville als Gesamtprojekt:
Es gibt sicherlich viele verschiedene Meinungen über Auroville, eines sollte und ist aber allen, die hier waren, ganz klar. Auroville ist kein Ort des perfekten Zusammenlebens, Auroville hat insgesamt wenig mit Perfektion zu tun. Das merkt jeder, der hier ankommt, und darauf sollte jeder vorbereitet sein. Gebt euch nicht der Illusion hin, es würde einem alles in den Schoß gelegt werden, von wem auch immer. Man kommt aus dem geregelten Deutschland in eine komplett andere Umgebung und muss sich erstmal zurecht finden. Zusätzlich zum Kulturschock (man ist schließlich in Indien) wird auch immer das Bild zerstört, was man selbst von Auroville im Kopf hatte. Das ist ähnlich den Buchverfilmungen, der Leser kreiert immer seine eigenen Bilder im Kopf während er liest. Wenn er dann den Film zum Buch sieht, wird er immer andere Bilder sehen, als die Bilder, die er im Kopf hatte. Daher mein Rat, habt nicht zu hohe Erwartungen an Auroville, macht euch erst ein Bild, wenn ihr hier seit. Ich habe vieles erst nach einiger Zeit entdeckt, mittlerweile fühle ich mich richtig wohl und kann nur jedem empfehlen hierher zu kommen und eine unersetzbare Lebenserfahrung zu machen.
Jos Eisberg
Leben und Arbeiten in Auroville
Zunächst teilte ich mir mit fünf anderen Weltwärts-TeilnehmerInnen eine Wohnung in Alankuppam, einem Dorf neben Auroville. Von dort aus nahmen wir Kontakt zu unseren Nachbarn auf, lauschten ab fünf Uhr morgens der Tempelmusik und begannen, uns langsam in Indien heimisch zu fühlen. Nach einem Monat fühlte ich mich soweit angekommen, dass ich Lust auf neue Erfahrungen mit neuen Menschen hatte und zog mit einem österreichischen Freiwilligen und einer indischen Praktikantin zusammen. Sie konnte für uns sehr gut zwischen den Welten vermitteln, da sie in einem westlich orientierten Umfeld zum College gegangen war und fließend Tamil und Englisch sprach. Die Nachbarskinder kamen regelmäßig am Morgen vorbei, um mit uns zu spielen und ein Mitbewohner hat öfters kleine Feiern mit seinen Arbeitskollegen organisiert, die allerdings sehr gehemmt waren, solange Nikita und ich noch im Raum waren. Besonders schön war der Monsun, während dessen ich unser Haus nur über einen kleinen Fluss erreichen konnte und wir fast jeden Abend mit Freunden beisammen saßen. Nach vier Monaten im indischen Dorf, aber auch mit anderen Freiwilligen zusammenlebend, wollte ich die tamilische Kultur noch intensiver kennenlernen. Meine erste Idee war, mit einer einfach lebenden Familie zusammenzuwohnen, da ich gerne Kinder um mich gehabt hätte. Malar und Siveraj, in dessen Projekt ich später arbeiten sollte, rieten mir davon ab, mit einem Mann aus einfachen Verhältnissen unter einem Dach zu schlafen. Einige Männer hätten ein Alkoholproblem und ich wäre nicht sicher (womit sie sich vermutlich auf sexuelle Übergriffe bezogen). Als Alternative bot Siveraj mir an, bei seiner Mutter einzuziehen. Sie wohnt gemeinsam mit zwei anderen Witwen in einem traditionell gedeckten Haus. Die Drei nahmen mich sehr freundlich auf und gingen vorurteilsfrei auf mich zu. Viele andere Begegnungen waren von einer gewissen Begeisterung geprägt, eine weiße Person kennenzulernen, womit ich mich sehr unwohl gefühlt habe.
Diese Distanz abzubauen, war für mich wichtig und etwas, worin für mich der Sinn des Freiwilligenjahres lag. Ich hatte ein sehr schönes Gespräch mit Frauen an meiner Arbeitsstelle über Hautfarbe. Nachdem mir gesagt worden ist, dass meine weiße Haut so schön sei (ein leidiges Dauerthema), erzählte ich, dass sich viele Menschen in Deutschland in die Sonne legen oder bräunende Creme benutzen, worauf wir uns einigen konnten, dass es in verschiedenen Ländern andere Schönheitsideale gibt. (Wobei das weiße doch dominiert, aber für Diskussionen über Politik reichte mein Tamil nicht aus.) In meiner Witwen-WG habe ich versucht, die Rolle der „papa“ (kleine Schwester auf Tamil) einzunehmen und mich dem Dorf- leben anzupassen. Besonders das gemeinsame Schlafen in einem Raum ist mir in Erinnerung geblieben. Nach zwei spannenden Monaten beschloss ich, erneut umzuziehen, da sich die Rolle des indischen Mädchens zu eng anfühlte und ich Verhaltensweisen übernahm, die mich störten. So schlug ich z.B. die Augen nieder, sobald ein Mann den Raum betrat.
Mein neues Zuhause hieß Fertile und befindet sich im grünen Umkreis von Auroville. Ich war spontan dort vorbeigefahren und hatte Johnny, der bereits seit den Siebzigern dort wohnt, gefragt, ob es noch einen Schlafplatz gibt. Ich bezog eine auf Pfeilern stehende Hütte, welche komplett aus nachwachsenden Materialien gebaut worden war. Fertile ist für mich der schönste Ort in Auroville. Er liegt in einem Teil des Green Belts, der früh aufgeforstet worden ist, er ist also von dichtem Wald umgeben. Das Wasser wird von einer Windmühle gefördert, der Strom kommt von Solarplatten und im Allgemeinen ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema dort. Zu der Zeit, als ich dort lebte, waren zwölf Menschen zwischen 10 und 68 von vier verschiedenen Kontinenten dort. Ich hatte zu einigen nahezu geschwisterliche Beziehungen. Besonders mit Johnny hatte ich viele interessante Gespräche über die 68er, Philosophie und Zukunftsvorstellungen. In meiner Zeit auf Fertile entwickelte sich ein sehr entspannter und doch aufregender Alltag: beim Arbeiten in meinem Projekt, beim Besuch der näheren Umgebung mit ihren zahlreichen Tempelfesten, im Leben mit vielen Tieren und Gästen (besonders zum großen sonntäglichen Picknick). Zudem war es ein guter Ort, um mein Tamil zu verbessern, da Jerumalei und Barathi, zwei ArbeiterInnen auf Fertile, sehr geduldig mit meinen Satzfetzen waren. Bis zu meiner Abreise im August 2011 bin ich dort geblieben und habe bis jetzt noch Kontakt mit einigen meiner früheren MitbewohnerInnen.
Außerhalb von Auroville
Durch meine 30 Tage Urlaub und die Teilnahme an einem interkulturellen Ferienlager an den Western Ghats konnte ich auch andere Teile von Indien kennenlernen. Im vorletzten Monat meines Jahres bin ich alleine gereist. Die Reise war eine Grenzerfahrung, da ich auf mich allein gestellt war, aber auch wunderschön. Durch das alleine sein bin ich mit vielen Menschen in Kontakt gekommen: Eine Familie hat mich adoptiert und bei sich aufgenommen, ich wurde von Mönchen zum Teetrinken eingeladen, habe zwei Tage auf einer Militärbasis gewohnt... Der ganze Monat hat mir ziemlich viele verrückte Momente beschert und die Fähigkeit, den Dingen ihren Lauf zu lassen. An vielen Wochenendausflügen lernte ich Tamil Nadu besser kennen, besonders die umliegenden Pilgerstätten.
Das Besondere an den Weltwärts-Stellen in Auroville ist, dass es die Möglichkeit gibt, zwei verschiedene Kulturen kennenzulernen. Auf der einen Seite Auroville mit Menschen aus aller Welt und viel alternativem bis verrücktem Gedankengut. Ich konnte dort über Nachhaltigkeit und Diversität lernen und habe auf Fertile spannende und wunderschöne Menschen getroffen. Auf der anderen Seite Indien mit seiner schillernden, ungeheuer spannenden Kultur. Die intensive Begegnung mit Tamil Nadu war für mich das Schönste des Jahres. Ich hatte die Möglichkeit, meine Perspektiven zu hinterfragen und in ein anderes Weltbild einzutauchen. Durch meine häufigen Umzüge und meine Reise habe ich viele verschiedene Seiten von Indien kennenlernen können und habe das Gefühl, das Jahr sehr gut genutzt zu haben. Diese Erfahrungen prägen mein Leben auch hier in Berlin und helfen mir, mich in fremde Gruppen oder (Sub-) Kulturen hineinzufinden.
Die größte Schwierigkeit für mich bestand darin, einen Mittelweg zwischen dem Leben in der Dorfwelt und Themen wie Feminismus und horizontaler Umgang mit- einander zu finden. Zudem war es schwierig, mit den unterschiedlichen Lebensstandards in Auroville und in Tamil Nadu umzugehen. Ein Jahr nach meiner Rückkehr bin ich mir sicher, dass ich ohne diese Erfahrung ein anderer Mensch wäre. Die Idee hinter Auroville, ein Lebensraum, der besonders funktioniert und ein Zuhause für Menschen aus aller Welt bietet, hat mich inspiriert. In einigen Jahren werde ich vielleicht mit Freunden (vielleicht auch mit jemandem aus der Weltwärts-Gruppe) unsere eigene kleine Utopie Wirklichkeit werden lassen.
Martina, Berlin